Bettina Frenzel
Eine eher persönliche Biografie

Ich werde 1965 in Turnhout / Belgien geboren.
1969 zieht meine ganze Familie nach Wien, ich bin die jüngste von 3 Töchtern. Meine Eltern, Maria und Wolfgang Frenzel, sind in Magdeburg bzw. Bautzen geboren, es leben viele Verwandte von uns in der damaligen DDR, und wir verbringen viel Ferienzeit in der Oberlausitz. Noch heute erkenne ich Gerüche wieder, das Haus von Onkeln und Tanten in Schönbach hat so einen unverwechselbaren (guten!) Geruch!
In Wien mache ich 1983 die Matura (=Abitur), beginne ein Architekturstudium, ahne bald, dass das nicht das Richtige ist und brauche doch relativ lange, um mich zu trauen, mich für das Richtige zu entscheiden. 1987 – 1989 gibt es in einer berufsbildenden höheren Schule den ersten Jahrgang eines Kollegs für Fotografie, und da ich damals zuhause schon lange meine Küche mit der Dunkelkammer teile, entscheide ich mich für diesen Weg.
Den 2 Jahren Ausbildung folgen Assistenzjahre bei verschiedenen Wiener FotografInnen, im Bereich Mode und stillife, alles angesiedelt im Bereich der Werbung. Ich weiß zu dieser Zeit eigentlich noch nicht so genau, was mein eigener fotografischer Schwerpunkt werden könnte, eher weiß ich, was es nicht werden wird: Werbung und Mode. Objekte zu fotografieren dagegen fasziniert mich immer schon, mit Licht verschiedene Oberflächen überhaupt erst sichtbar und erkennbar zu machen, Objekte in Makroaufnahmen zu zerlegen oder Ansichten zu finden, die einem vorher gar nicht aufgefallen sind.
Einer meiner ersten eigenen Auftraggeber ist dann eine japanische Agentur, die 2 Jahre lang unter dem Titel „Japonale“ verschiedenste kulturelle Ereignisse nach Wien holt. Mir überantworten sie, all das zu dokumentieren, und so fotografiere ich von Vernissagen japanischer KünstlerInnen über Butotanz bis hin zu einem Wettkampf von Sumo-Ringern alles, was mir hier geboten wird. Und entdecke ein wunderbares für mich ganz neues Feld: die Theater- und Tanzfotografie, die mich fortan nicht mehr verlassen wird.
Die Agentur geht im zweiten Jahr leider pleite, aber die Theaterfotografie bleibt. Ich lerne Bruno Max kennen, einen Intendanten aus der freien Szene, der in Wien mit seiner Gruppe Theater zum Fürchten im Theater Scala gerade eine räumliche Heimat gefunden hat. Später übernimmt er auch noch die Intendanz im Stadttheater Mödling, ein nahe bei Wien gelegener Spielort, wo er ab nun parallel Stücke entwickelt. In Wien erschaffen in den 90er-Jahren einige umtriebige Theatermenschen in brach liegenden Objekten neue Theaterräume, kleine Spielorte, die Großes leisten und der Stadt Wien zu einer riesengroßen Vielfalt verhelfen. Heute besucht 35% des Publikums solche kleinen Theater, die Stadt Wien widmet dieser so genannten „freien Szene“ aber nur 3% vom Gesamtbudget.
Zur „freien Szene“ gehört auch das KosmosTheater, ein im Jahr 2000 von Frauen unter dem Motto „Frauen brauchen Raum“ erkämpftes ehemaliges Kino, das zu einem Theater umgebaut wurde und das sich unter der Leitung von Barbara Klein der Genderthematik verschrieben hat. Auch hier fotografiere ich seit 2006 alle Eigenproduktionen. An dieses Haus bringt mich die Zusammenarbeit mit Evelyn Fuchs, in Weimar geboren, seit 1987 aus der ehemaligen DDR ausgebürgert, die als Regisseurin des ariadne theaters zwischen 2006 und 2010 regelmäßig am KosmosTheater inszeniert, ehe sie 2011 viel zu früh aus diesem Leben gerissen wird. Ihr verdanke ich viel, vor allem auch einen ganz anderen Blick aufs Theater, als ich ihn bis dahin kennen gelernt habe.
In Salzburg feiert 2009 die editta braun company ihr 20-jähriges Jubiläum als zeitgenössische Tanzcompany, seit 1998 fotografiere ich auch hier so oft wie möglich. Editta Braun inszeniert gesellschaftspolitische Stücke, die Bilder fangen ein, die Texte rütteln auf. 2011 heißt ihr Stück provokanterweise „Schluss mit Kunst“, was sie glücklicherweise nicht so meint, wie der Titel vielleicht denken lässt, und setzt 2012 mit planet LUVOS fort.
Ausstellungen, die Theater- und Tanzbildern zum Inhalt haben, mache ich seit 2000 immer wieder, 2003 auch hier im Schloss unter dem Titel „Turbulenzen. Fotos wider die Erstarrung.“
Neben der Theaterfotografie, die mich auch Portraits von SchauspielerInnen und MusikerInnen in meinem Atelier machen lässt, arbeite ich viel mit bildenden KünstlerInnen zusammen. Ihre Werke abzufotografieren, dabei einen eigenen Blick drauf zu werfen, der immer die von ihnen erdachte Form nicht aus den Augen lässt, ist ein spannendes Unterfangen. Besonders freue ich mich, wenn ich für Fotos samt anschließenden Katalogen beauftragt werde, die ich inzwischen auch grafisch vom Layout bis zur Druckvorbereitung bearbeite. Ich fotografiere u.a. für Michael Kos, einen bildenden Künstler und Autor, für Joachim Hoffmann, Egon Straszer, Sibylle von Halem, alle drei vom Künstlerkollektiv kunstwerk krastal. Vor seinem Tod 2010 darf ich auch für Josef Pillhofer Werke abfotografieren.
Mit den „Wiener Bildern“, meiner eigenen Objekte-Serie, beschäftige ich mich seit 2011. Die Einladung zu einer Ausstellung im Rahmen eines Wienerlied-Festivals in einem kleinen Theater in Wien lässt mich beginnen, Wiener Begriffe in Rosenbilder umzusetzen. Die Arbeit daran ist eine intuitive und lustvolle, sie spielt mit Humor, aber beschreibt auch mein Verhältnis zu dieser Stadt. Sie zeigt Gegensätze und Besonderheiten, und für Nicht-WienerInnen gibt es auch umfassende Erklärungen der Begriffe. Es gibt noch viele unerledigte Worte und Kreationen, die Serie hat gerade erst begonnen.
Mein jetziges Atelier in Wien beziehe ich 2002. Im Dachgeschoß eines Jugendstilzinshauses in ehemaligen Malerateliers gelegen, nütze ich die großen Fenster, die nach Norden sehen, um bei gleichbleibenden Lichtverhältnissen Tageslichtaufnahmen zu machen. Es ist verdunkelbar, also kann ich auch mit Studiolicht arbeiten. Hier entstehen neben Objektaufnahmen auch erste Produktionsfotos für Theaterstücke - wenn es noch kein Bühnenbild und im Theater keinen Platz gibt, aber schon Plakate gedruckt werden müssen. Der Ort ist eine kleine Insel für mich, hell und voller Atmosphäre, mein Büro ist ein runder Erker mit 5 hohen Schiebefenstern, der Blick aus den Fenstern ist ein Blick über Wien. Allerdings 3. Stock ohne Lift, was auch in Zukunft so bleiben wird, und das Transportieren von Kameras und Zubehör nicht leichter macht.
Technisch bin ich in der digitalen Welt angekommen. Meine Bilder sind zum Großteil digital fotografiert, allerdings nicht in inzwischen üblichem Maße digital bearbeitet. Ich bestimme den Ausschnitt beim Fotografieren und räume meine Fotos nicht am Bildschirm auf, und ich will auch den Menschen keine Jahre aus dem Gesicht oder Kilos aus dem Körper wegretuschieren. Die Beeinflussung durch die Bilderwelt um uns ist enorm; oft realisieren Menschen erst nach einer Fotosession, dass all den Gesichtern, die auf Plakaten in der Stadt hängen, die ganz normalen Augenränder gänzlich wegretuschiert werden und unser Blick dies inzwischen als richtig und normal empfindet. Beim Blick in den Spiegel kommen wir uns dann alt und faltig vor, und greifen womöglich schneller weil verzweifelt zu den Produkten, die uns eine faltenfreie und ewig junge Zukunft versprechen.
Heute lebe ich vom Fotografieren, Grafik und Webdesign. Die Zusammenarbeit mit KünstlerInnen aller Sparten gibt mir selbst viel künstlerischen Freiraum, den ich sehr schätze und der mir meinen Beruf mit Ausstellungen so wunderbar bereichert.